Besuch der schönen Männer

Das sind die kleinen Geschichten, die den Segleralltag bereichern, auch wenn sie einem selbst Lügen strafen. Entgegen eigener Aussage (siehe: Leben an Bord, drittletzter Absatz) kam nämlich doch Besuch auf hoher See, wenn auch nicht zum Abendessen.

Es war auf der Strecke von Chipiola nach Magazon, als eines der schwarzen Schnellboote, die man aus diversen spanischen Häfen kennt, am Horizont auftauchte, sich zielstrebig näherte und dann erst mal eine Runde um die Passat drehte. Offensichtlich wollte man anhand der Flagge feststellen, welche Nationalität das Spaßboot  hat. Dann kam der Zoll – um den handelte es sich laut der Aufnäher an den Uniformen – längsseits.

Vielleicht musste noch am wöchentlichen Soll von Kontrollen gearbeitet werden, und die Herren waren der Meinung, es sei deutlich angenehmer, mit ein paar Yachties zu plaudern als die Strickleiter an einem rostigen, chinesischen Kohlenfrachter hochzusteigen. Letztendlich schienen sie aber mit Schiffen unter Segel nicht so richtig vertraut.

Die erste Ansage war demzufolge, sie kämen jetzt rüber, wir könnten dabei aber weitersegeln. Das ist ein ambitioniertes Vorhaben bei knapp sechs Knoten Fahrt, und das war ihnen dann auch schnell klar. Nächste Ansage: wir sollten das Schiff verlangsamen. Aber wie bremst man eine Yacht unter Segeln?? Also, Segel runter. Dann kamen zwei der Jungs an Bord.

Die sahen im übrigen alle so aus, als wären sie gerade einem Bruce-Willis-Film entsprungen: markante Gesichter mit Sonnenbrillen, braungebrannt und muskelbepackt. Die warmgeduschten Schwimmwesten hätte man im Film vielleicht weggelassen, aber der Rest stimmte ganz gut.

Es wurde eine sehr freundliche Begegnung. Der eine ging mit dem Skipper unter Deck, um die üblichen Papiere zu sichten, Ausweise zu kontrollieren, Formulare auszufüllen und Stempel zu setzen. Der zweite, relativ gut Englisch sprechend, blieb mit dem Steuermann im Cockpit, übersetzte hin und wieder nach unten ins Schiff, und erzählte ansonsten, dass es nach seiner Meinung in Südspanien zu heiß und im Sommer überhaupt nicht auszuhalten sei (aha, deshalb der Job auf dem Schiff. Ist einfach kühler da). Außerdem erzählte er von seinem Faible für Österreich und Deutschland, und da wird man in diesen Zeiten wirklich verlegen.

Die martialischen Erscheinungen verschwanden zunehmend hinter zwei ausgesprochen angenehmen, sympathischen Menschen. Eigentlich schade, dass sie nicht zum Abendessen geblieben sind.

 

4 Kommentare
  1. Heike
    Heike sagte:

    Coole Geschichte, ja, die sahen in der Tat respekteinfloessend aus. Und ich finde, dass dem modernen sportlichen Mann Muskeln durchaus gut stehen. Die Sandalen des einen passten dann aber auch eher zu den Schwimmwesten als zum Dreitagebart :-). Gut, dass sie eure geheimen Vorraete nicht geortet haben, so kann es luschtig weiter gehen…

    Wie immer sehr unterhaltsam geschrieben mit sehr ansprechendem Bildmaterial, segelt doch noch ein paar Monate laenger!

  2. eva
    eva sagte:

    Ich finde, trotz Muskeln (die der moderne Mann uebrigens nicht mehr in diesem Umfang mit sich rumtraegt) sieht der Sprung auf das eigene Boot aber nicht so professionell aus!
    Und Haendchen geben? ich als Frau liebe es natuerlich, wenn mir ein Mann die Pfote hinstreckt. Aber Zoellner?
    Habt ihr schon kontrolliert, ob eure Ausweise noch da sind??? die werden heutzutage hoch bezahlt…..
    (haha, ich biete eine Alternative zu „Schmuggler“ und „Zoellner“ an)

  3. Michael
    Michael sagte:

    Haha, lustig. Sicher, dass es nicht Schmuggler waren und sie bei der Gelegenheit das Zeug an Bord versteckt haben? :-D

    • Harald Stuckmann
      Harald Stuckmann sagte:

      Ha ha, was meinst Du, was wir schon den ganzen Abend trinken und rauchen? :-)

Kommentare sind deaktiviert.